Jeder Tagesabschnitt ist deswegen genauestens im Voraus zu planen. Ich habe mich u.a. entschieden, dass ein Tagesziel nur zwischen 20 bis zu höchstens 40 Seemeilen entfernt sein sollte. Das nimmt bei meinem Boot und einer Durchschnittsgeschwindigkeit von ca. 4 kn ca. 5 – 10 Stunden reine Segelzeit in Anspruch. Bei Einhand muss man allerdings immer die ungünstigsten Umstände berücksichtigen, so dass auch eine viel längere Zeit einzuplanen ist, die man dann auch unter extremen Bedingungen physisch und psychisch bewältigen muss. Deshalb habe ich für mich einige Parameter festgelegt, von denen ich nur selten abweiche. Da sind u.a.:
Durch eine gute Vorbereitung ließen sich die anderen Probleme leichter bewältigen als gedacht. Für das Mastlegen stehen in der Marina Marco in Stettin eigentlich immer Hilfskräfte zur Verfügung, die ich aber nicht benötigte, da ich mir vorher eine spezielle Technik zu Recht gelegt hatte, die auch funktionierte. Ansonsten ist diese Marina für derartige Umrüstarbeiten vor allen Dingen für größere Boote gut geeignet. Die Strömung der Oder nördlich des Stettiner Hafens ist minimal und kann gut ausgesegelt werde. Erleichtert wird das dadurch, dass man die Oder durch den Kamelkanal verlassen kann und dann weiter durch den Dammschen See strömungsfrei parallel zur Oder zur Marina Marco in Stettin segelt. Südlich von Stettin nutzt man nur noch ca. 3,5 Seemeilen die eigentliche Oder mit einer erträglichen Gegenströmung, um dann in die strömungsfreie Westoder abzubiegen und weiter die weitestgehend strömungsfreien deutschen Kanäle bzw. kanalisierten Flussläufe in Mecklenburg-Vorpommern zu befahren. Strömung gibt es erst wieder auf der Elbe und zwar aus der richtigen Richtung bis nach Geesthacht. Nach der Geesthachter Schleuse ist die Strömung bis Brunsbüttel (und darüber hinaus) tideabhängig. Sinnvoll ist deshalb nur die Nutzung des Zeitfensters für den Ebbstrom.
Die Verpflegung für die Tagestörndauer muss gut vorbereitet werden und griffbereit vorliegen. Alles was nicht bereitgestellt wird, ist während des Törns schwer erreichbar. Langes Suchen in der Kajüte ist nicht machbar. Mein Boot hat keine elektrische Selbststeueranlage. Ein Test hat auch ergeben, dass eine solche Anlage nur bedingt für ein solch kleines Boot geeignet ist. Vor allen Dingen bei schwachen Winden und wenig Welle klappt eine solche Selbststeueranlage vergleichsweise gut. Doch diese Situation kommt selten vor. Besser ist das Festsetzen des Ruders in der von der Situation bestimmten Position. Das klappt auch bei großer Welle besonders gut bei Kursen hoch am Wind bis Wind um 6 Bft. Damit gewinnt man etwas Freiheit, um andere Dinge zu tun. Ansonsten heißt es, wenn es Dinge gibt, die wichtiger sind als das Boot zu steuern, die Segel wegzunehmen, die vordringlichen Arbeiten erledigen und die Segel wieder zu setzen. Bei festgesetztem Ruder hat man allerdings immer genügend Zeit, die vorbereitete und gut platzierte Verpflegung während des Segelns zu sich zu nehmen. Auch die elektronische Navigation ist nur stark eingeschränkt – zumindest bei Windstärken ab 4 Bft. – möglich. Während Papier-Kartenstudium noch gut durchführbar ist, sollten sich Eingaben am GPS-Gerät nur auf den Aufruf vorbereiteter Funktionen beschränken. Komplizierte Eingaben sind kaum machbar, d. h. eine gute Vorbereitung (Wegepunkte, Routen, Alternativen) vor Beginn des Tagestörns erleichtert das Leben während des Törns. Zu berücksichtigen waren bei diesem Törn auch 3 Brücken, die im geschlossenen Zustand mit stehendem Mast nicht passierbar sind. Das sind die Ziegelgrabenbrücke in Stralsund (Strelasund), die kombinierte Eisenbahn- und Straßenbrücke in Wolgast (Peenestrom) und die Straßenbrücke bei Zecherin (Peenestrom). Es gibt nur wenige Öffnungen pro Tag. Deshalb sollten die Öffnungszeiten in den Törn gut eingeplant werden. Insbesondere wenn man die Brücken in Wolgast und Zecherin in einem Tagestörn passieren will, muss man berücksichtigen, dass einem für ca. 18,5 Seemeilen nur gut 3 Stunden zur Verfügung stehen. Im weiteren Verlauf gibt es nur noch die Drehbrücke bei Malchow (Elde-Müritz-Wasserstraße), die auch mit gelegtem Mast nicht passiert werden kann. Dafür wird sie auch häufiger geöffnet. Die 37 Schleusen waren leichter zu bewältigen als man es zunächst glauben will. Wer einmal den Göta-Kanal passiert hat, wird schnell den Unterschied feststellen. Es geht hier dank einer anderen Technik weniger brodelnd und weniger stark strömend in den Schleusen zu. Das gilt sowohl für die Berg- als auch für die Talfahrt. Mit einer langen Vor- und Achterleine sowie einigen Fendern (bei mir hat sich ein großer Ballfender besonders gut bewährt) habe ich auch Einhand ohne Hilfe keine Probleme gehabt und mir ist eine Schramme erspart geblieben. Deshalb werden viele Schleusen – und zwar unabhängig vom Hub – in Selbstbedienung betrieben, obwohl die meisten Nutzer unbedarfte Charterkapitäne sind. Im Übrigen sind alle Schleusungen gebührenfrei. Der Deutsche Seglerverband zahlt dafür eine Jahrespauschale. Doch fast keine Regel ohne Ausnahme: bei der Durchfahrt an der Drehbrücke in Malchow verlangt ein Zerberus einen „Wegezoll“ von € 2,--, kassiert mit einem „Klingelbeutel“, an dem man vorbei fahren muss, ohne anzuhalten. Die angelaufenen Häfen bzw. Marinas umfassen alle Kategorien von „ganz schlimm“ bis „ganz hervorragend“. Die allermeisten sind gut und empfehlenswert. Spitze ist die Marina Wolfsbruch mit dem angeschlossenen „Best Western“-Hotelkomplex. Badelandschaften (Halle), diverse Restaurants, tolle sanitäre Anlagen und gute Liegeplätze runden das Bild ab. Hier bekam ich endlich Zugang zum Internet, in einem Internet-Cafe der Marina. Da wurde auch die Frage nach der Tauchtiefe der Elbe beantwortet. Im Internet-Portal „Elwis“ der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes bekam ich die Auskunft, dass für den für mich interessanten Streckenabschnitt der Elbe die Tauchtiefe im geplanten Zeitraum immer noch 2,30 m beträgt. Das Aufstellen des Mastes im Hamburger City-Sporthafen wurde von mir so vorbereitet, dass ich nur die kurzzeitige Hilfe eines jungen Mannes von ca. 2-3 Minuten benötigte. Danach begann das Segel im Ebbstrom. Wer das noch nicht gemacht hat, wird erstaunt sein, dass man auch mit Aufkreuzen in relativ kurzer Zeit eine große Strecke über Grund zurücklegen kann. Mein altmodisches Sumlog zeigte nach Wedel eine Strecke von etwas mehr als 7 Seemeilen an, mein GPS für die gleiche Strecke fast 12 Seemeilen. Den Unterschied macht der Ebbstrom aus. Mein Boot wurde also mehr als 4 Meilen vom Wasser über Grund „getragen“. Problematisch wird die Strömung aber auf der Unterelbe, wenn ein relativ starker Wind (ca. 6 Bft.) gegen die Strömung steht. Das führt zu einer hohen und steilen Welle, die vor Brunsbüttel ca. 1,5 m betrug. Da hat ein kleines Boot richtig zu kämpfen, wenn es gegen die Welle geht und der Schleusenwärter mich – wie geschehen - zur Zeit der stärksten Ebbströmung im Bereitstellungsraum „verhungern“ lässt. Doch Kompliment an mein Boot: im Cockpit blieb es trocken! Zum Schluss nach den Bemerkungen zur Durchführung des Törns zum eigentlichen Zweck der Reise: Das Erleben von überwältigenden Landschaftsbildern. Von lieblich bis ursprünglich ist alles dabei. Zwischendurch viele idyllische Ortschaften mit durchaus sehenswerten Bauten. Wer will, kann auf Teilstrecken sogar den Eindruck gewinnen, sich im Regenwald auf dem Amazonas zu bewegen. Ich habe diesen Törn zum 2. Mal gemacht. Beim 1. Törn habe ich 2 Wochen länger gebraucht und damit auch mehr gesehen. Wer also genießen will, sollte für diesen Törn mindestens 5 Wochen einplanen. Jürgen Papendorf
Die Törn-Unterlagen Kartenmaterial: Sportschifffahrtskarten „Kieler Bucht“, NV Verlagsgesellschaft Sportbootkarten „Dänemark 1“, Delius Klasing Verlag Sportschifffahrtskarten „Rund um Rügen, Boddengewässer – Stettin“, NV Verlagsgesellschaft Sportschifffahrtskarten Binnen Nr. 3 „Die nördliche Oder & die Peene“, NV Verlagsgesellschaft Sportschifffahrtskarten Binnen Nr. 2 „Berlin & Mecklenburger Gewässer“, NV Verlagsgesellschaft Sportschifffahrtskarten Binnen Nr. 4 „Die Elbe & Kanal- Verbindungen“, NV Verlagsgesellschaft „Der Elbe-Atlas“, NV Verlagsgesellschaft Wegepunkt der Ostsee, NV Verlagsgesellschaft Zusätzl. Informationen: Hafenhandbuch „Sejleren’s Nr. 4“, kostenlose Ausgabe der Forlaget Thuren, Odense „Ihr Lotse“ – umfangreiche Informationen zu Flüssen, Seen und Häfen in Mecklenburg-Vorpommern, herausgegeben vom Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern eV, Röbel und Rostock Wetterberichte: Wetterberichte aus dem Internet über so genannte Hotspots sind im Jahr 2005 noch ein Flop Wetterberichte bei den Hafenmeistern besetzen die ganze Palette zwischen Top und Flop Grenzregularien:
Das Boot
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